Alex Abate Autorin bei trading-fuer-anfaenger.de
Geschrieben von: Alex Abate
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Finanzierung

Wenn am Kapitalmarkt die Zinsen langfristiger Anlagen unter den Zinsen kurzfristiger Anlagen liegen, spricht man von einer inversen Zinsstruktur. Im Normalfall verhält es sich genau umgekehrt.

Nicht nur bei Banken, sondern auch im Trading setzen Anleger häufig auf verzinsliche Geldanlagen. Dabei gilt in der Regel: Der Zinssatz steigt mit der Anlagedauer. Das nennt man die Zinsstrukturkurve. Allerdings kommt es auch in wenigen Fällen zu einer inversen Zinsstrukturkurve. Um was es sich dabei genau handelt, wie es dazu kommen kann und welche Folgen eine inverse Zinsstrukturkurve mit sich bringt, erklärt der folgende Artikel.

Inverse Zinsstrukturkurve - Infografik

Die wichtigsten Fakten zur inversen Zinskurve:

  • Liegen die Zinsen langfristiger Anlagen unter den Zinsen kurzfristiger Anlagen, ist die Rede von der inversen Zinskurve.
  • Je länger die Anlagedauer, desto höher der Zinssatz.
  • Gilt als Warnsignal für eine Rezession.

Was ist eine Inverse Zinsstrukturkurve?

Bei Geldanlagen verzichtet der Anleger darauf, das Geld auf eine andere Art und Weise zu verwenden. Außerdem besteht auf lange Frist ein größeres Inflations– und Zinsänderungsrisiko. Daher erhält der Investor grundsätzlich eine Entschädigung in Form von Zinsen dafür. Dieses Phänomen gibt es nicht nur bei Banken, sondern auch am Aktienmarkt.

Diese Zinsen steigen im Laufe der Zeit, d.h. in Abhängigkeit der Restlaufzeit. Dementsprechend ist eine steigende Zinskurve die Regel. Das bedeutet der Zinssatz für Wertpapiere mit langer Restlaufzeit ist höher als für Wertpapiere mit geringer Laufzeit.

In seltenen Fällen kann es allerdings auch zu einer flachen Zinskurve kommen. Das bedeutet, dass sich der Zinssatz trotz unterschiedlicher Laufzeiten kaum unterscheidet. Im Extremfall sinken die Zinsen sogar bei längerer Laufzeit. Dabei spricht man von einer inversen Zinsstruktur bzw. von einem inversen Markt.

Zinsstruktur Beispiel
Abgrenzung zur klassischen Zinskurve
Die inverse Zinskurve ist das exakte Gegenteil der klassischen Zinskurve. Sie entsteht in Erwartung sinkender Zinssätze bei langlaufenden Anlagen. Investoren schichten kurzfristige in langfristige Anlagen um, da sie sich die heute noch hohen Zinssätze sichern möchten. Infolgedessen steigt der Kurs bei sogenannten Langläufern und deren Renditen sinken. Der Kurs von Kurzläufern hingegen sinkt, während deren Renditen steigen. So kehrt sich die normale Zins- und Renditestruktur um und die Kurve wird invers.

Was bedeutet eine Inverse Zinsstruktur?

Der Fall, dass Anlagen mit kürzeren Laufzeiten über einen höheren Zinssatz verfügen als Anlagen mit längeren Laufzeiten, tritt recht selten auf. Dennoch gilt die inverse Zinskurve für Ökonomen und Notenbankern als zuverlässiges Warnsignal für ein zuverlässiges Warnsignal für eine bevorstehende Rezession. Dieser Zusammenhang lässt sich empirisch oftmals beobachten.

Zinsen sinken für gewöhnlich in Zeiten, in denen die Wirtschaftslage sich verschlechtert. Sowohl Unternehmen als auch Verbraucher verhalten sich vorsichtiger und die Nachfrage nach Krediten sinkt. Als Folge der sinkenden Nachfrage fällt auch der Preis bzw. die Zinsen für Kredite. Die Umkehrung der Zinskurve ist ein Hinweis für die erwartete Verschlechterung der Konjunktur. Außerdem geht sie in der Regel mit sinkenden Aktienkursen an der Börse einher – das bedeutet, der Markt wird bärisch.

Spread-Modell als Orientierung für eine bevorstehende Rezession

Das sogenannte Spread-Modell beruht auf den Erkenntnissen von Estrella und Hardouvelis (1991). Die Vorhersagen für einzelne Rezessionen haben eine verblüffend hohe Trefferquote. Dabei basiert die Vorhersage für das folgende Jahr auf der aktuellen Differenz der Zinsen von 2- und 10-jährigen US-Staatsanleihen. Vor Eintritt der Rezession steigt dann die Wahrscheinlichkeit exponentiell an.

Was sagt der Wert aus?
Der Wert 0,4 stellt den Schwellenwert dar. Liegt die Wahrscheinlichkeit über diesem Wert, ist dies ein zuverlässiges Zeichen für eine bevorstehende Rezession. Die einzige Ausnahme bisher waren die Jahre vor der Dotcom-Krise. Dennoch ist das Spread-Modell relativ zuverlässig und gleichzeitig robust. Bei der Wahl anderer Laufzeiten – zum Beispiel 3 Monate statt 2 Jahre – erhält man ähnliche Ergebnisse.

Rezession 2020 als Beispiel

Seit Beginn der 1980er Jahre fanden in den USA sechs Rezessionen statt, die zuverlässig prognostiziert wurden – darunter die Corona-Pandemie. So kam es im August 2019 zu einer inversen Zinskurve, wobei der 2-jährige Zinssatz mehrere Tage höher lag als der 10-jährige Zinssatz. Demnach stieg die Prognose des Modells an, doch der Markt vernachlässigte diese. Stattdessen widmete er sich mehr anderen wirtschaftlichen Indikatoren und der zu dieser Zeit boomenden US-Wirtschaft.

Etwa ein Jahr später kam es schließlich zur Rezession. Obwohl das Coronavirus dabei eine wichtige Rolle spielte, die eine Jahr vorher nicht erwartet werden konnte, hat das Modell auch in diesem Fall seine Aussagekraft bewiesen.

Kritik am Spread-Modell

Die Abhängigkeit der Ereignisse bzw. Vorgänge kann in beide Richtungen gegeben sein. Zum einen kann die inverse Zinskurve eine Rezession auslösen, wenn die Zinssätze kurzfristiger Anlagen angehoben werden. Durch die straffere Geldpolitik wird die Wirtschaftsentwicklung gedämpft und es kommt zu einer Rezession.

Zum anderen kann eine Rezession auch durch Vermutungen von Investoren ausgelöst werden. Rechnen Anleger mit sinkenden Zinssätzen, positionieren sie sich eher in Anlagen mit längerer Laufzeit. Die hohe Nachfrage nach Anlagen mit langer Laufzeit kann eine inverse Zinskurve zur Folge haben. Dementsprechend ist die Zinskurve nicht der Grund, sondern das Ergebnis einer vermuteten rezessiven Entwicklung.

Bei der Interpretation der Wahrscheinlichkeitsvorhersagen mithilfe des Spread-Modells ist also eine gewisse Vorsicht geboten. Es besteht zwar ein statistischer Zusammenhang, allerdings liegen die Ursachen für eine tatsächlich eintretende Rezession für gewöhnlich tiefer. Die Entwicklung der Zinsen ist lediglich ein Faktor. Dementsprechend muss nicht auf jede inverse Zinsstrukturkurve automatisch eine Rezession folgen.

Fazit: Zuverlässiges Alarmsignal für künftige Rezession

Investiert ein Anleger Geld, verzichtet er darauf, dieses Geld auf eine andere Art und Weise zu nutzen. Dafür erhält er Zinsen – nicht nur bei Banken, sondern auch an der Börse. Diese Zinsen steigen in der Regel, umso länger die Laufzeit ist. Ist das Gegenteil der Fall, wird das als inverse Zinsstruktur bezeichnet. Sie kann entweder in Erwartung sinkender Zinssätze bei langlaufenden Anlagen entstehen oder aber, wenn die Zinssätze kurzfristiger Anlagen angehoben werden. Die Inverse Zinsstrukturkurve ist ein robustes und zuverlässiges Warnsignal, das auf eine bevorstehende Rezession hinweist.

Das Spread-Modell nach Estrella und Hardouvelis (1991) stellt die Wahrscheinlichkeiten für einen solchen Fall grafisch dar – und das mit einer verblüffend hohen Trefferquote. Sogar die Rezession 2020 aufgrund der Corona-Pandemie wurde prognostiziert, obwohl das Virus ein Jahr vorher noch gar nicht bekannt war. Obwohl ein statistischer Zusammenhang besteht, liegen die Ursachen für eine Rezession für gewöhnlich tiefer. Dementsprechend ist bei der Interpretation des Modells eine gewisse Vorsicht geboten.

Inverse Zinsstrukturkurve – Meist gestellte Fragen:

Was ist eine Inverse Zinsstrukturkurve?

Für eine Investition erhält ein Anleger für gewöhnlich eine Entschädigung in Form von Zinsen. Immerhin verzichtet er darauf, das Geld anderweitig zu verwenden. In der Regel steigt der Zinssatz mit steigendem Anlagezeitraum. Das heißt je länger der Anleger sein Geld zur Verfügung stellt, desto höher sind die Zinsen, die er dafür erhält. Bei der Inversen Zinsstrukturkurve ist allerdings das Gegenteil der Fall. Dabei liegt der Zinssatz für langfristige Anlagen unter dem Zinssatz für kurzfristige Anlagen. Die gewöhnliche Zinsstrukturkurve ist also umgekehrt bzw. invers.

Was sind die Folgen einer Inversen Zinsstruktur?

Eine Inverse Zinsstrukturkurve gilt bei Ökonomen und Notenbankern als zuverlässiges Warnsignal für eine drohende Rezession. Sinkende Zinsen kommen üblicherweise in Zeiten vor, in denen die Wirtschaftslage sich verschlechtert. Die Nachfrage nach Krediten sinkt und dementsprechend auch die Preise bzw. Zinsen dafür. Die Inverse Zinsstruktur geht in der Regel mit sinkenden Aktienkursen an der Börse einher und der Markt wird bärisch.

Wie kann eine Inverse Zinsstrukturkurve entstehen?

Eine Inverse Zinskurve kann zum einen entstehen, wenn die Zinssätze kurzfristiger Anlagen angehoben werden. Die straffere Geldpolitik dämpft die Wirtschaftsentwicklung und es kommt zu einer Rezession. Zum anderen kann es zu einer Inversen Zinskurve kommen, wenn Anleger sinkende Zinssätze erwarten. In diesem Fall schichten Investoren ihre kurzfristigen Anlagen in langfristige um, da sie sich die heute noch hohen Zinssätze sichern möchten. Dadurch steigt der Kurs bei sogenannten Langläufern und die Zinsen sinken. So kehrt sich die normale Zinsstruktur um und die Kurve wird invers.

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Über den Autor: Erfahrene Investorin seit 2017 im Bereich Aktien und ETFs. Spezialisierung auf Short-Selling und den Einsatz von Derivaten. Sie besitzt einen Bachelor in Wirtschaftswissenschaften.
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Maren ist aktiv im Finanzbereich und redaktioniert bei Trading für Anfänger Themenbereiche wie Portfoliomanagement, Betrug im Anlagensektor und klassische Investitionsmöglichkeiten.
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