Bailout steht für finanzielle Maßnahmen zur Verhinderung von Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung oder Insolvenz eines Unternehmens. Meistens stellt der Staat die Finanzmittel bereit.
Es wird zwischen drei Arten eines Bailouts unterschieden:
- Privatwirtschaftliches Bailout: Ein Unternehmen wird von einem anderen Unternehmen oder vom Staat vor der drohenden Insolvenz bewahrt.
- Subnationales Bailout: Eine staatliche Institution (beispielsweise Stadt, Kreis oder Land) wird von anderen staatlichen Stellen unterstützt, um die Zahlungsunfähigkeit zu verhindern.
- Internationales Bailout: Ein Staat wird durch internationale Organisationen (etwa IWF oder EU) oder durch einen anderen Staat vor der Zahlungsunfähigkeit bewahrt.
In diesem Beitrag wird ausschließlich das Bailout von Unternehmen behandelt.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Bailout bezeichnet eine Rettung eines in finanzielle Schieflage geratenes Unternehmens durch Dritte, insbesondere durch den Staat. Es gibt jedoch verschiedenen Arten von Bailouts.
- Für eine Rettung durch einen staatlichen Bailout kommen insbesondere große Unternehmen in Frage, da ein Konkurs eines solchen Unternehmens bedeutende volkswirtschaftliche Auswirkungen hätte.
- Bailouts sind jedoch nicht unumstritten, da das unternehmerische Risiko auf die Allgemeinheit übertragen wird. Je mehr sich Unternehmen auf Bailouts verlassen können, umso geringer ist der Anreiz, sich finanziell auf Krisenzeiten vorzubereiten.
Die Maßnahmen beim Bailout
Die verschiedenen Instrumente der Rettungsmaßnahmen konzentrieren sich auf die Verbindlichkeiten des in Schieflage geratenen Unternehmens.
Klassische Maßnahmen, abgestuft in der Reihenfolge der Priorität, sind:
- Prolongation der Schulden: Die Fälligkeiten der Verbindlichkeiten werden zeitlich verzögert.
- Stundung: Die Fälligkeitstermine werden auch für die Tilgung hinausgeschoben.
- Umschuldung: Das Ziel dieser Maßnahme ist die Reduzierung der laufenden Aufwendungen. Dazu werden Tilgungen, Laufzeiten und Zinsen verändert.
- Konsolidierung der Schulden: Hierbei sollen ebenso die laufenden Aufwendungen reduziert werden. Dazu werden kurzfristige in langfristige Laufzeiten verändert und Zinsen gesenkt.
- Übernahme von Haftungen: Ein Dritter haftet teilweise oder ganz für die Schulden des Unternehmens. Dies erfolgt durch Bürgschaften oder Garantien.
- Teilweise Schuldübernahme: Ein Dritter übernimmt teilweise als alleiniger Schuldner oder als Mitschuldner die Schulden.
- Vollständiger Schuldenerlass: Die Gläubiger verzichten vollumfänglich auf die Rückzahlung der Schulden.
Beispiele von Bailouts deutscher Unternehmen
Immer wieder im Fokus stehen beim Bailout die Maßnahmen des Staates. Schließlich bedeutet dies ein Eingriff in die Marktwirtschaft. Nachfolgend konzentrieren sich daher die Informationen auf diesen Bereich.
Einige Beispiele aus der Vergangenheit:
- 2002 Baukonzern Philipp Holzmann: Der Bund versuchte damals, dem größten deutschen Bauunternehmen mit einem Darlehen sowie einer Bürgschaft über 250 Millionen DM aus der Krise zu helfen. Nach rund zweieinhalb Jahren musste Holzmann Insolvenz anmelden und es folgte das endgültige Aus.
- 2020 Lufthansa: Der deutsche Staat stellt ein Paket aus Garantien und direkten Beteiligungen über insgesamt neun Milliarden Euro bereit.
- 2021 Galeria Karstadt Kaufhof: Der angeschlagene Konzern erhält staatliche Unterstützung mit einem Darlehen über 460 Millionen Euro.
Vollversicherung für die Wirtschaft? Die Diskussionen über den Sinn von Bailouts
Nach staatlichen Rettungsmaßnahmen wird immer wieder gerufen. Dennoch sind diese nicht unumstritten, insbesondere aus volkswirtschaftlicher Sicht. Der Staat versucht dem gerecht zu werden und greift in der Regel nur bei der Gefahr eines Domino-Effekts oder bei sogenannten systemrelevanten Unternehmen ein.
Vorteile des Bailout
Da es sich um große Unternehmen handelt, spielt der Erhalt von Arbeitsplätzen eine außerordentliche Rolle. Nachfolgend werden weitere Auswirkungen an den Beispielen Lufthansa und Galeria Kaufhof dargestellt.
Bei der Lufthansa sind über 100.000 Mitarbeiter beschäftigt. Würde die Airline vom Markt verschwinden, wird ein großer Teil der Mitarbeiter den Arbeitsplatz verlieren. Zwar ist anzunehmen, dass Fachkräfte bei anderen Fluggesellschaften gesucht werden, jedoch nicht in dieser Größenordnung. Die Konsequenz wäre die Notwendigkeit hoher staatlicher Transferleistungen, vor allem in Form von Arbeitslosengeld. Darüber hinaus ist eine hohe Anzahl weiterer Unternehmen direkt oder indirekt von der Lufthansa abhängig.
Die Lufthansa ist einer der weltweit größten Flugkonzerne. Das ist somit relevant für den gesamten Wirtschaftsstandort Deutschland. Daher begründete die Bundesregierung die gewährten Hilfen mit der Systemrelevanz. Am Ende bedeutet der Bailout in diesem Fall: Ein entscheidender Wirtschaftsfaktor bleibt in deutscher Hand und viele Subunternehmen werden möglicherweise gleichzeitig vor dem drohenden Konkurs bewahrt. Ein Wiederaufbau derartiger Strukturen dürfte mittelfristig kaum realistisch sein. Somit kann ein Bailout vor langfristig massiveren Schäden in der Gesamtwirtschaft bewahren.
Bei Galeria Kaufhof sind es nicht nur die Beschäftigten, für die zunächst die Arbeitsplätze erhalten bleiben. Etliche Kommunen fürchten die Auswirkungen plötzlich leer stehender Warenhäuser. Bis solche Immobilien einer alternativen Nutzung zugeführt werden können, bedarf es langfristiger Planungen und der Gewinnung von Investoren. Bis dahin verliert der umliegende Handel einen Anziehungspunkt. Nicht zuletzt sorgen sich die Kommunen um eine Verödung der Innenstädte. Dem Management wird mit einem Bailout die Möglichkeit gegeben, sich den neuen Herausforderungen zu stellen und das Unternehmen neu am Markt zu positionieren. In diesem Fall kann ein Bailout somit vor nachhaltig negativen Auswirkungen in den Innenstädten schützen.
Kritik am Bailout
Grundsätzlich scheiden Unternehmen, die insolvent werden, in einer Marktwirtschaft aus. Wenn dies im Einzelfall nicht geschieht, weil ihnen von dritter Seite geholfen wird, widerspricht das den Gesetzen des Marktes. In Deutschland gehört die sogenannte soziale Marktwirtschaft zu den wesentlichen Errungenschaften. Sie basiert unter anderem darauf, dass der Staat nur dann eingreift, wenn damit negative Effekte in der Gesamtwirtschaft verhindert werden können.
Kritisch ist die Tatsache zu sehen, dass durch staatliche Hilfen beim Bailout Vermögen transferiert wird. Bei einem Bailout finanzieren Steuerzahler die Gläubiger des in Schieflage geratenen Unternehmens. Die Eigentümer, bei Aktiengesellschaften die Aktionäre, profitieren davon. Gleichzeitig stehen ihnen in guten Zeiten die Gewinne ausschließlich allein zu. Dies widerspricht dem unternehmerischen Gedanken, der für sein Risiko entlohnt wird. Mit einer staatlichen „Versicherung“ wird diese Entlohnung für das eingegangene Risiko ausgehebelt.
Je mehr sich Unternehmen auf Bailouts verlassen können, umso geringer ist der Anreiz, sich finanziell auf Krisenzeiten vorzubereiten. Der Effekt wird sich mit jeder Krise verstärken. Schließlich erkennen immer mehr Firmen, dass sie mit einer rettenden Hilfe rechnen können. Das bedeutet: Mit einem Bailout werden alle Unternehmen bestraft, die innovativ und nachhaltig wirtschaften sowie finanzielle Rücklagen ansammeln.
Nicht zuletzt merken Kritiker an, dass der Staat im Zweifel der schlechtere Unternehmer ist. Am Beispiel des Bauunternehmens Philipp Holzmann hat sich gezeigt, dass nicht immer die Verhinderung einer „Marktbereinigung“ die beste Lösung ist. Marktchancen zu erkennen und das Kapital in die richtigen Marktteilnehmer zu investieren sind Themen, die erfahrungsgemäß besser in der Privatwirtschaft aufgehoben sind.
Trading im Zusammenhang mit einem Bailout
Möchten Sie in ein Unternehmen investieren, das durch ein Bailout, durch eine Regierung oder eine andere Organisation finanzielle Unterstützung erhält, sollten Sie sich vorher gut informieren. Denn ein Bailout, kann verschiedene Auswirkungen im Trading auf die Aktienkurse haben. Hier einige der Punkte, die Sie beachten sollten:
- Sofortige Reaktion: Das für ein Unternehmen ein Bailout angekündigt wird, kann sich positiv auf die Aktienkurse auswirken. Denn die erhaltene Unterstützung wird von vielen Anlegern oft als Zeichen dafür gesehen, dass sich die finanzielle Lage des Unternehmens in Zukunft wieder stabilisieren wird.
- Langfristige Auswirkungen: Ob diese positive Stimmung anhält, hängt von den kommenden Ereignissen ab. Gelingt es dem Unternehmen tatsächlich mithilfe der Unterstützung wieder auf die Füße zu kommen, werden wahrscheinlich auch die Aktienkurse des Unternehmens entsprechend steigen. Kann das Unternehmen trotz erhaltener Hilfe seine finanziellen Probleme nicht lösen, leiden die Aktienkurse darunter. Auch wenn an das Bailout nachteilige oder sehr strenge Bedingungen geknüpft ist, kann das Anleger abschrecken.
- Risiken: Bailouts werden nicht immer als positiv betrachtet, insbesondere wenn sie zu häufig geschehen. Dann kann bei Anlegern die Sorge bestehen, das Unternehmen ihre Finanzen vernachlässigen oder größere Risiken eingehen, in der Annahme, dass sie im Falle von Problemen Hilfe erhalten werden.
Auch wenn sich ein Bailout in einigen Fällen zunächst positiv auf den Aktienkurs auswirken kann, sollten Sie sich nicht in falscher Sicherheit wägen. Durch ein Bailout steigt die Volatilität der Aktien des Unternehmens und oft sogar in verwandten Sektoren. Eine hohe Volatilität kann zwar zu einer größeren Rendite führen, birgt aber auch immer ein entsprechend größeres Risiko. Nutzen Sie daher klare Risikomanagementstrategien. Stop-Loss-Orders sind zum Beispiel ein gutes Mittel, mit dem sich Verluste begrenzen lassen. Auch ein Budget festzulegen, kann hilfreich sein, um nicht mehr Kapital zu riskieren, als man ursprünglich geplant hat.
Ganz besonders Anfänger und unerfahrene Trader sollten sich bestenfalls professionelle Beratung einholen. Niemand kann genau Vorhersagen, wie der Markt auf ein Ereignis wie einen Bailout reagieren wird, daher sollten Sie umsichtig handeln und keine zu großen Risiken eingehen.
Fazit – notwendiges Übel in einer stabilen Gesellschaft
Eines ist ganz klar: Bailouts stehen in deutlichem Widerspruch zu den Grundprinzipien des Kapitalismus und des freien Marktes. Schließlich beruht der Erfolg freier Marktwirtschaften in großen Teilen darauf, dass der Staat eben nicht in die wirtschaftlichen Aktivitäten einzelner Teilnehmer eingreift – dazu gehört auch, dass er gescheiterte Unternehmen scheitern und somit den Markt seine natürliche Auslese vornehmen lässt.
In der Praxis ist dies allerdings nicht ganz so simpel: Denn auch in einem freien Markt existieren einzelne Unternehmen, deren volkswirtschaftliche Bedeutung so groß ist, dass deren Scheitern weitreichende Folgen für die Gesellschaft haben kann, die über das Unternehmen hinausgehen. Konzerne wie Lufthansa in Deutschland oder Amazon in den USA beschäftigen hunderttausende von Angestellte und stellen wichtige Dienstleistungen bereit, auf die sich täglich Millionen von Menschen verlassen.
Eine Auflösung dieser Unternehmen würde einen Domino-Effekt mit unberechenbaren Folgen für große Teile der Volkswirtschaft und Gesellschaft auslösen. Als Notlösung sieht der Staat einen Trade-Off zwischen gesellschaftlicher Stabilität und den Prinzipien des freien Marktes vor – indem er diese Unternehmen mit Steuergeldern in einer ansonsten aussichtslosen Lage am Leben bleiben hält.
Meist gestellte Fragen:
Was ist ein Bailout einfach erklärt?
Ein Bailout ist eine staatliche Rettungsmaßnahme, um einem Unternehmen, das ansonsten aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten aufgelöst werden müsste, den weiteren Geschäftsbetrieb zu ermöglichen. Dies ist in der Regel bei Unternehmen der Fall, die so groß sind, dass die Folgen der Auflösung in großen Teilen von Wirtschaft und Gesellschaft spürbar wären, die weit über das eigentliche Unternehmen hinausgehen.
Warum gibt es Bailouts?
In der Regel qualifizieren sich nur systemrelevante Unternehmen für Bailouts, deren Existenz durch massive finanzielle Schwierigkeiten gefährdet ist. Die Gesellschaft und damit der Staat haben ein Interesse daran, dass solche Unternehmen ihren Betrieb fortführen können, weshalb ein Bailout mit Steuergeldern in solchen Fällen in Frage kommt.
Welche Nachteile haben Bailouts?
Der größte Nachteil von Bailouts ist, dass Unternehmen unvertretbare Risiken sich darauf verlassen, dass sie im Ernstfall sichere Unterstützung vom Staat bekommen. Da Bailouts von öffentlichen Geldern finanziert werden, können Unternehmen so theoretisch auf Kosten des Steuerzahlers unvertretbare Risiken eingehen.
Was sind die Bedingungen für Bailouts?
Die Bedingungen eines Bailouts sind vom Einzelfall abhängig. In den meisten Fällen hat das Unternehmen einen Restrukturierungsplan vorzulegen, der die zugrundeliegenden Probleme angeht und langfristig löst. Häufig geht das Unternehmen auch ganz oder in Teilen in den Besitz des Staats über.
Was ist ein Bail-in?
Ein Bail-in ist eine Rettungsmaßnahme für finanziell angeschlagene Banken, die keinen staatlichen Eingriff erfordert. Dabei werden zunächst die Aktien der Bank effektiv wertlos, wodurch sich die Verluste auf die Aktionäre übertragen. Danach werden auch die Verbindlichkeiten der Bank in Eigenkapital umgewandelt. Im Anschluss werden neue Aktien ausgegeben, mit denen die Aktionäre und Gläubiger entschädigt werden.
Was versteht man unter der „No Bailout“-Klausel?
Die „No Bailout“-Klausel, auch Nichtbeistands-Klausel genannt, ist eine Klausel der EU, nach der kein EU-Mitgliedsstaat für die Schulden eines anderen haftbar gemacht werden kann. EU-Mitglieder bleiben dadurch selbst für die Rückzahlung ihrer Schulden verantwortlich.