Das Akronym LIBOR steht für „London Interbank Offered Rate“. Der Referenzzinssatz diente lange Zeit als Grundlage für die Bestimmung von Kreditzinsen. Errechnet wurde er täglich an Bankarbeitstagen zwischen 11:20 und 11:45 Uhr. Am 30. Juni 2023 wurde der letzte US-Dollar-LIBOR berechnet.
Über den LIBOR:
- LIBOR steht für London Interbank Offered Rate und bezeichnete einen Referenzzinssatz
- Der LIBOR wurde 1986 eingeführt. Der letzte Referenzzinssatz wurde am 23.06.2023 veröffentlicht.
- Das Pendant im Euroraum zum LIBOR ist der EURIBOR.
- Der LIBOR galt lange Zeit als Grundlage für die Zinsermittlung von Bankinstituten.
Die Entstehung
Der LIBOR entstand der Praktik heraus, dass die Leitzinsen der jeweiligen Nationalbanken lange Zeit der einzige Referenzzinssatz waren. In London wuchs die Besorgnis – diese Praxis könnte eventuell das Wachstum von Bankgeschäften hemmen. So bildete sich im Jahre 1984 eine Gemeinschaft aus britischen Banken und weiteren beteiligten Gruppen, um sich dieser Problematik anzunehmen. Für alle wichtigen Währungen der Welt sollte ein Referenzzinssatz eingeführt werden, der nach rein objektiven Merkmalen ermittelt werden sollte. Nach einer kurzen Testphase wurde diese Praxis im Jahre 1986 für mehrere Währungen dieser Welt eingeführt.
LIBOR als Basiszinssatz
Der LIBOR war lange Zeit ein Basiszinssatz, der für viele Finanzprodukte von Bedeutung war. So beeinflusste eine Veränderung des LIBORS auch das Universum eines «kleinen» Anlegers oder Sparers. Im Euroraum war dieser Einfluss tatsächlich eher gering, da hier der sogenannte Euribor (Euro InterBank Offered Rate) als Basis herangezogen wird.
Die Ermittlung und Bedeutung des LIBOR
Der LIBOR errechnete sich für 15 unterschiedliche Laufzeiten und in 10 Währungen – unter anderem in Euro, Pfund, Yen, Franken oder US-Dollar. Die Zeiträume variierten zwischen einem Tag, einer Woche oder ein, zwei, drei, sechs oder zwölf Monaten.
Die Grundlage bildete meist die Bereitstellung der Zinssätze von verschiedenen Bankinstituten, zu denen sie sich untereinander Geld, inklusive einer einberechneten Gewinnmarge, leihen würden. Die Nachrichtenagentur Thomas Reuters kalkulierte dann aus den gemeldeten Zinssätzen den LIBOR. Dies geschah tagtäglich in den 25 Minuten zwischen 11:20 und 11:45 Uhr. Je nachdem, wie viele Banken an der Meldung teilnahmen, wurde eine bestimmte Anzahl der höchsten und niedrigsten Zinssätze bei der Berechnung außen vorgelassen. Damit wurde Ausschläge des Satzes in die eine oder andere Richtung vermieden.
Das Ende des LIBOR
Lange Zeit galt der LIBOR weltweit als bedeutende Berechnungsgrundlage und dies nicht nur für den Geldmarkt, sondern auch für Anleihen oder Derivate. Im Jahre 2012 ereignete sich der sogenannte LIBOR Skandal, in den mehrere weltweit agierende Banken involviert waren.
Im Grunde ging es dabei um weitreichende Manipulationsvorwürfe. Mehrere Maßnahmen später – unter anderem wurde die Zuständigkeit von der Londoner auf die New Yorker Börse übertragen – endete die Ära des LIBORS. Im Jahre 2017 wurde beschlossen, den LIBOR aufgrund einiger Schwächen (unter anderem der leichten Anfälligkeit für Manipulation) gegen andere Referenzzinssätze zu ersetzen. Der letzte LIBOR wurde im Juni 2023 verkündet.
Fazit – Ende einer Ära
Einst war der LIBOR einer der wichtigsten Referenzzinssätze auf dem Kreditmarkt. Dass er aber den Anforderungen des modernen Kreditmarkts nicht gerecht wird, zeigte sich im letzten Jahrzehnt.
Mit dem Ende des LIBOR ging damit auch eine Ära an den Finanzmärkten zu Ende, denn seit seiner Einführung in den 70er-Jahren galt er weltweit als einer der wichtigsten Referenzzinssätze. Heute wird der LIBOR durch alternative Referenzzinsätze, ARRs (Alternative Reference Rates) genannt, ersetzt.
Meist gestellte Fragen:
Wird der LIBOR heute noch berechnet?
Ja, der LIBOR wird auch heute (Stand März 2024) noch berechnet, allerdings unter einer „synthetischen“ Methodik, da die Veröffentlichung der meisten LIBOR-Einstellungen bereits beendet wurde. Der letzte Stand des LIBOR, wie am 8. März 2024 verzeichnet, war 5.43318 % für 1 Monat, 5.58245 % für 3 Monate und 5.65810 % für 6 Monate in US-Dollar.
Wie heißt der neue LIBOR?
Es gibt keinen einheitlichen Ersatz für den LIBOR. Stattdessen werden verschiedene alternative Referenzzinssätze genutzt, die je nach Region und Währung variieren. Dazu gehören die Secured Overnight Financing Rate (SOFR) für den US-Dollar, der Sterling Overnight Index Average (SONIA) für das britische Pfund, der Euro Short-Term Rate (€STR) für den Euro und andere ähnliche Benchmarks.
Wann wurde der LIBOR eingestellt?
Das letzte Datum, an dem der USD-LIBOR unter der klassischen Methode berechnet wurde, war der 23. Juni 2023. Für alle andere Währungen wurde der LIBOR bereits Ende 2021 eingestellt.
Warum wird der LIBOR nicht mehr benutzt?
Der LIBOR wird vor allem aufgrund seiner Manipulationsanfälligkeit nicht mehr benutzt. Zahlreiche Großbanken, darunter auch die Deutsche Bank waren in diese Manipulation verwickelt. Hinzu kam, dass der LIBOR immer weniger repräsentativ wurde, da er auf Schätzungen von Banken beruhte, statt auf tatsächlichen Transaktionen. Denn nach der Finanzkrise 2008 ging das Volumen der ungesicherten Interbankenkredite, die der LIBOR abbilden sollte, stark zurück. Dies führte dazu, dass der LIBOR nicht mehr die realen Marktbedingungen widerspiegelte, was seine Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit als Benchmark-Zinssatz untergrub.