Der Multiplikatoreffekt ist ein Begriff aus der Volkswirtschaftslehre. Es ist der Faktor, mit dem die Auswirkungen zusätzlicher Ausgaben des Staates, der privaten Haushalte sowie der Anstieg der Investitionen der Unternehmen auf das Volkseinkommen gemessen wird. Grundsätzlich kann immer von einem Multiplikationseffekt ausgegangen werden. So entstehen durch den Anstieg der Unternehmensinvestitionen auch neue Arbeitsplätze und damit neues Einkommen für die privaten Haushalte. Wenn diese wiederum einen Teil ihres zusätzlichen Einkommens ausgeben, schafft dies weiteres Einkommen.
Die Steigerung des Einkommens ist somit um ein Vielfaches größer als der zunächst investierte Geldbetrag. Wenn nach diesem Prinzip eine Investition von 4 Milliarden Euro zu einem neu generierten Einkommen von 12 Milliarden Euro führt, beträgt der Investitionsmultiplikator 3. Der Multiplikatoreffekt ist umso größer, je mehr vom Einkommen für Konsum ausgegeben und je weniger davon gespart wird.
Der gleiche Multiplikatoreffekt gilt für den Anstieg der Konsumausgaben der privaten Haushalte, den Anstieg der Exporte (Exportmultiplikator) und den Anstieg der öffentlichen Ausgaben (Staatsausgabenmultiplikator). Dieses Multiplikatorprinzip ist vor allem für die Beschreibung der wirtschaftlichen Entwicklung von Bedeutung. Ebenso ist es für das Wachstum der Wirtschaft und für die Entscheidung über den Einsatz wirtschaftspolitischer Mittel des Staates wichtig.
Wissenswertes zum Multiplikatoreffekt im Trading:
- Der Multiplikatoreffekt greift bei Verwendung des Trading Hebels.
- Renditen, aber auch Verluste lassen sich so exponentiell steigern.
- So ist der Handel mit geringerem Kapital und höheren Renditen möglich.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) musste im Januar 2013 zugeben, die fiskalischen Multiplikationsfaktoren in hohem Maße unterschätzt zu haben. Das erregte eine große Aufmerksamkeit in der Presse. Folgendes war gemeint: Der IWF hatte unterschätzt, welche Auswirkungen die Sparpolitik auf das Wachstum der einzelnen Länder, insbesondere in Europa, haben würde.
Ist der Multiplikationsfaktor hoch, dann senken Sparmaßnahmen keine Staatsverschuldungen, da sich die wirtschaftlichen Tätigkeiten verlangsamen. Dies führt zwangsläufig zu einem Rückgang der staatlichen Einnahmen. Das Ergebnis lautet Rezession und weiterhin Haushaltsdefizite. Wirtschaftsökonomen sahen sich in den darauffolgenden Jahren in ihrer Theorie bestätigt. Bei deutlichen Veränderungen von Einnahmen oder Ausgaben sind also Multiplikatoreffekte zu beachten.
Unterschiedliche Multiplikatoren für zutreffende Ergebnisse
Der Multiplikatoreffekt wird mit spezifischen Multiplikatoren mathematisch versucht zu errechnen. Damit bestimmen Wirtschaftsfachleute die Wirkung der Änderung einer spezifischen autonomen Größe, also einer Maßnahme, in der Volkswirtschaft auf das Sozialprodukt.
Je nach der untersuchten Größe gibt es unterschiedliche Multiplikatoren:
1. Investitionsmultiplikator
Der Multiplikator drückt aus, dass die Wirkung von höheren privaten Investitionen umso höher ist, je niedriger die Sparquote ist. Der Wert sinkt darüber hinaus, wenn neben dem privaten Sparen weitere Abgänge dazukommen. Dies sind etwa Steuerzahlungen oder Sozialabgaben.
2. Exportmultiplikator
Dieser Multiplikator zeigt, dass die Auswirkungen von höheren Exporten umso höher sind, je geringer die private Sparquote sowie die Importquote sind.
3. Importmultiplikator
Bei einer Steigerung der Importe, einer Bevorzugung von im Ausland hergestellten Konsumgütern, nimmt das inländische Einkommen analog dem Importmultiplikator ein Vielfaches der eigentlichen Importsteigerung ab.
4. Staatsausgabenmultiplikator
Der Multiplikator drückt eine ähnliche Wirkung aus, wie die Zunahme der privaten Investitionen. In der Regel wirken die staatlichen Ausgaben allerdings zeitlich versetzt.
5. Transfermultiplikator
Hiermit ist die Wirkung von staatlichen Transferzahlungen (beispielsweise Renten und Arbeitslosengeld) auf das Sozialprodukt gemeint. Sie ist wie bei den privaten Investitionen umso höher, je weniger von diesen Leistungen gespart wird.
6. Steuermultiplikator
Die Erhöhung von Steuern wirkt entgegengesetzt zu den Transferzahlungen. Dies gilt allerdings nur für den Fall, dass die höheren Beträge nicht gleichzeitig vom Staat wieder ausgegeben werden.
7. Multiplikator des ausgeglichenen Budgets
Das Haavelmo-Theorem geht davon aus, dass bei vollständigem Ausgleich der Staatsausgaben durch Steuereinnahmen (ausgeglichener Staatshaushalt), ein Multiplikatoreffekt entsteht. Dies stützt sich darauf, dass es bei Staatsausgaben keinen Sparanteil gibt, wie bei privatem Einkommen. Der Begriff geht auf den norwegischen Wirtschaftswissenschaftler Trygve Haavelmo zurück.
Beispiele von Multiplikatoreffekten
Mit der Messgröße Multiplikator ist gemeint, wie eine Handlung sich auf eine andere Größe auswirkt. Dabei muss zwischen unabhängigen und abhängigen Variablen unterschieden werden. Ein Beispiel für eine unabhängige Variable ist die Höhe der Staatsausgaben. Die abhängige Variable drückt das daraus resultierende Ergebnis aus. Sinn der Untersuchung des Multiplikatoreffekts ist, welchen Nutzen eine zusätzliche Investition hat. Eine Investition gilt demnach als lohnenswert, wenn der Faktor größer als 1 ist.
Beispiel: Staatliches Infrastrukturprogramm
Der Staat stellt in diesem beispielhaften Programm ein Volumen in Höhe von einer Milliarde Euro zur Verfügung. Die Mittel werden für die Bereiche Straßen, Brücken und öffentliche Gebäude bereitgestellt. Die direkt Begünstigten sind somit Bauunternehmen sowie Handwerksbetriebe. Für die Ausführung der Arbeiten stellen die Betriebe Mitarbeiter ein. Die Umsätze und Gewinne der Unternehmen werden gesteigert und eventuell steigen die Löhne. Die ausführenden Betriebe kaufen bei ihren Lieferanten die benötigten Baumaterialien und steigern dadurch beispielsweise die Gewinne der Betonhersteller oder Holzlieferanten. Gleichzeitig führen die ausgezahlten Löhne zur Erhöhung des privaten Konsums.
Beispiel: Steuersenkungen
Dass durch Steuersenkungen der private Konsum angekurbelt werden kann, ist leicht nachvollziehbar. Dabei ist die Höhe des Multiplikators unter anderem stark von der aktuellen Konsumneigung abhängig. Selbst Fachleute streiten sich immer wieder über den Multiplikator, um die Effizienz von Steuersenkungen zu prognostizieren. Wenn auch über den Faktor gestritten wird, einen Effekt wird die Senkung der Abgabenlast immer bewirken.
Wenn durch eine vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer insbesondere hochpreisige Produkte wie Wohnungseinrichtungen mehr verkauft werden, steigt der Umsatz im Möbelhandel. Dieser löst eine erhöhte Nachfrage bei den Möbelherstellern aus, die wiederum mehr produzieren und höhere Gewinne einfahren. Die Vorlieferanten, beispielsweise Holzlieferanten, profitieren in gleicher Weise. Möglicherweise müssen dann in allen beteiligten Betrieben Mitarbeiter eingestellt werden, wodurch mehr Einkommen zur Auszahlung gelangt. Am Ende schließt sich der Kreis und es wird nochmals höherer Konsum ausgelöst.
Beispiel: Erhöhung der Sparquote
Der Multiplikatoreffekt kann auch ins Negative gehen. Wenn Haushalte beispielsweise aufgrund einer schlechten gesamtwirtschaftlichen Lage oder schwacher politischer Stimmung ihre Sparquote erhöhen, produzieren die Unternehmen die entgangene Nachfrage nicht mehr. Jetzt setzt der Multiplikatoreffekt ein. Die allgemeine Beschäftigung und damit das Einkommen werden weiter sinken. Dies hat wiederum einen negativen Einfluss auf den Gesamtverbrauch. Der sinkt stärker, als es der anfängliche Anstieg der Sparquote vermuten lässt – die Quote multipliziert sich.
Gibt es Multiplikatoreffekte im Trading?
Nicht nur in der Volkswirtschaft spielt der Multiplikatoreffekt eine Rolle, auch im Trading kann das Prinzip einen großen Einfluss haben. Im Trading kann man eine Reihe verschiedener Multiplikatoreffekte beobachten. Hier ein kleiner Überblick, der wichtigsten Arten, die Sie kennen sollten:
Hebelwirkung (Leverage) – Werden beim Trading Hebel genutzt, funktionieren diese ebenfalls nach dem Prinzip des Multiplikatoreffektes. Mit einem Hebel oder auf English Leverage genannt, können die Gewinne einer Investition um ein Vielfaches erhöht werden. Allerdings sollte man sich dabei bewusst sein, dass auch Verluste der Hebelwirkung unterliegen. Daher steigt mit der möglichen Rendite auch das Risiko.
Optionsprämien – Auch bei Optionen wird das Prinzip des Multiplikatoreffektes genutzt. Möchte man Optionen kaufen, legt man dafür im Voraus einen Preis fest. Den Preis, den man dafür zahlt, nennt man Optionsprämie und diese liegt meist unter dem Basiswert. Dadurch hat man die Chance, später eine größere Rendite zu erhalten. Das Besondere an Optionen ist, dass Sie zwar das Recht, aber nicht die Verpflichtung zum Kauf haben.
Futures – Für den Handel mit Futures wird ebenfalls ein fester Preis verhandelt, für den der Vermögenswert in der Zukunft dann gekauft wird. Dabei besitzen Sie nicht den gesamten Vermögenswert und bei Preisbewegungen kommt es zu einer Hebelwirkung. Auch hier werden so, sowohl Gewinne als auch Verluste multipliziert.
Margin-Trading – Der Handel mit Margin bedeutet, dass ein Vermögenswert nicht gänzlich gekauft wird. Stattdessen wird nur ein Teil des Wertes als Sicherheit hinterlegt. Die Hebelwirkung entsteht hier dadurch, dass der Trader eine größere Position kontrolliert, ohne diese tatsächlich komplett gekauft zu haben.
Genau wie in der Volkswirtschaft bietet der Multiplikatoreffekt im Trading sowohl Chancen als auch Risiken. Läuft alles gut, kann man sich über größere Gewinne freuen. Dem gegenüber steht allerdings auch ein wesentlich größeres Risiko, Verluste zu erleiden. Bevor man Produkte mit Hebelwirkung tradet, sollte man sich also bestens informieren und dann zunächst mit kleinen Positionen einsteigen.
Fazit – Ausgaben und Wachstum vs. Sparen und Rückgang
Der Multiplikatoreffekt zeigt sehr deutlich, welchen Einfluss sowohl staatliche als auch private Entscheidungen auf die gesamte Volkswirtschaft eines Landes und den Wohlstand einer Gesellschaft haben. Im Allgemeinen lässt sich feststellen, dass höhere Ausgaben mit einem positiven Multiplikatoreffekt einhergehen, während verstärktes Sparen mit einem wirtschaftlichen Rückgang in Verbindung gebracht wird.
Besonders auffällig beim Multiplikatoreffekt ist die Rolle des Staats für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung eines Landes. Staatsausgaben, Transferzahlungen, Steuern und der Staatshaushalt an sich gehören zu den wichtigsten Multiplikatoren für eine Volkswirtschaft. Wirtschaftliches Wachstum ist daher unter einer Regierung, die zu höheren Staatsausgaben und niedrigen Steuern tendiert, immer wahrscheinlicher, als unter einer Regierung, die zu Einsparungen und höheren Steuern neigt.
Meist gestellte Fragen:
Was ist der Multiplikatoreffekt?
Der Multiplikatoreffekt ist der Effekt, den die Senkung oder Erhöhung von Ausgaben auf die Gesamtwirtschaft haben. Dabei geht es um Ausgaben des Staates, privater Haushalte und Investoren. Eine Erhöhung der Ausgaben hat einen positiven Multiplikatoreffekt, ist also förderlich für wirtschaftliches Wachstum, während eine Senkung der Ausgaben einen negativen Multiplikatoreffekt und damit einen wirtschaftlichen Rückgang zur Folge haben.
Wie berechnet man den Multiplikatoreffekt?
Um den Multiplikatoreffekt zu berechnen, muss zunächst die marginale Konsumneigung (MPC) bekannt sein. Diese gibt an, wie viel Prozent eines zusätzlichen Einkommens für den Konsum verwendet wird. Die Formel zur Berechnung des Multiplikators lautet dann 1/(1-MPC).
Welche Faktoren beeinflussen den Multiplikatoreffekt?
Die wichtigsten Faktoren, die den Multiplikatoreffekt beeinflussen, sind Investitionen, Export, Import, Staatsausgaben, Transferzahlungen, Steuern und Staatshaushalt. Im Allgemeinen gilt, dass steigende Ausgaben (z.B. Investitionen, Staatsausgaben oder Transferzahlungen) einen positiven Multiplikatoreffekt haben, während stärkere Sparmaßnahmen (z.B. höhere Steuern oder sinkende Staatsausgaben) sich negativ auf den Multiplikator auswirken.